Sonntag, 29. März 2015

Deine oder meine Sexualität?

Welche Rolle Sexualität in einer Gesellschaft hat, lässt sich nur allein durch Beobachtung, Gespräche und Hineinhorchen nicht zu einem objektiven oder vollständigem Artikel zusammenfassen. Dennoch ist Sexualität meist ein sehr interessantes Thema in einer jeden Gesellschaft.

Zuerst nur so viel: In Kamerun sind polygame Ehen (ein Mann kann mehrere Frauen heiraten) legal, sofern beide Ehepartner bei der Eheschließung zustimmen. Dies gilt nicht ausschließlich für muslimische Familien. Es kann jedoch auch eine monogame Ehe vereinbart werden, dann hätte die Frau das Recht bei Ehebruch auch eine Scheidung zu verlangen. Gleichgeschlechtliche Ehen oder Partnerschaften sind nicht im Gesetz vorgesehen. Die Grundlage für diese Festlegung bilden kulturelle und religiöse Traditionen.

Tatsächlich scheint sich die Schere zwischen zwei Extremen sehr weit zu öffnen: Zum einen wird Sexualität gern als ein Element einer angemessenen Ehe gesehen, das heißt die sexuelle Aktivität sollte erst mit der Eheschließung beginnen. Meist findet man diese Einstellung in sehr konservativen oder christlich geprägten Köpfen. Das andere Extrem ist die offene und freipraktizierte Sexualität mit wechselnden und stets neuverfügbaren Partnern unabhängig davon, ob man ledig oder verheiratet, Single oder Partner ist. Bei dem letzteren Extrem kann Geld eine sehr große Rolle spielen bzw. Statussymbole können sehr einflussreich sein, dazu zählt anschauliches Vermögen, gesellschaftlicher Status, aber auch die Hautfarbe kann hier eine wichtige Rolle einnehmen - diese Aspekte werden jedoch nicht als Prostitution verstanden. Die gibt es natürlich auch noch extra. In diesem Kontext werden natürlich auch die Extrafreundinnen dann häufig ein Statussymbol.

"Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß."

Aufklärung über Sexualität scheint in Kamerun eher verhalten zu sein. Häufig trifft man auf die Vorstellung, dass Aufklärung auch immer gleich die Praktiken verursachen kann. Sofern man also etwas über die Geschlechtlichkeit von Mann und / oder Frau erfährt, provoziert man damit auch den Sexualtrieb und schweigt lieber dazu. Junge Leute scheinen sich vielmehr selbst aufzuklären, beispielsweise durch Medien oder gegenseitige Erzählungen. Leider führt diese Art der Aufklärung auch häufig dazu, dass Jugendliche unaufgeklärt in ihre ersten Erfahrungen rutschen und nicht selten aufgrund mangelnden Wissens oder gar falscher Erzählungen in sehr schwierige Situationen geraten. Frühschwangerschaften oder vielleicht auch erzwungene Sexualpraktiken sowie Krankheiten sind hier nur einige zu erwähnende Probleme. Leider führt eine sehr strenge Erziehung häufig auch dazu, dass bei solchen Problemen ein Austausch mit den Eltern nicht stattfindet. Illegale Abtreibungen können dann ein Ausweg sein, die im schlimmsten Fall auch mit tödlichen Folgen enden können. Solch ein dramatischer Vorfall steht in absolut keinem Verhältnis zum eigentlichen Ereignis. Häufig entscheiden sich Frauen auch, den Partner lieber nicht zu informieren, um einer erzwungenen Abtreibung zu entkommen. Familien unterstützen Alleinerziehende jedoch häufig, indem die Kinder einfach von den Eltern mit großgezogen werden. 

Es scheint mir oft, dass die oben genannten Extreme beide existieren, um sich auch von einander abzugrenzen. Das heißt, dass Leute um so überzeugte von der ehelichen Sexualität sind, um sich von den Menschen, die eher der freien und permanenten Partnerwahl nachgehen, abzugrenzen. Dennoch scheint die Polygamie, ob gesetzlich erlaubt oder nicht, eher den Diskurs zu bestimmen. So kann ein Ehemann mitteilen, dass er neben seiner Frau noch weitere "Freundinnen" hat, ohne dabei einen Statusverlust zu erleiden oder gar zurechtgewiesen zu werden. Es kann sogar eine aufwertende Not durch die Anerkennung anderer erhalten. Natürlich erstreckt sich zwischen diesen beiden Extremen auch eine große Vielfalt von weiteren Vorstellungen. Jugendliche, die mittlerweile mit ihren Partnern eine sexuelle Beziehung eingehen, bevor sie heiraten. Solche die eine sexuelle Beziehung eingehen ohne Partnerschaft, um zu testen. Andere gehen mehrere sexuelle Beziehungen ein, solange man nicht verheiratet ist, sei man ja noch frei... etc pp. 



Sexualität hat auf der ganzen Welt in vielen Bereichen starken Einfluss, ob es die Werbebranche, die Musikbranche oder Politik ist. Sexualität wird dabei häufig vollständig von der emotionalen und privaten Ebene losgelöst, gleich einem Merkmal "sexy", das man einfach Hinzufügt, weil es verschönert oder interessanter macht. Mein ganz persönliches Problem damit ist, dass Sexualität nicht ein Produkt oder ein Merkmal ist, was man entweder verschweigen oder ergänzen, hinzufügen oder löschen kann. Sexualität ist ein menschliches Bedürfnis, was zum Menschen gehört, wie das Bedürfnis nach Liebe. Für junge Menschen ist die Entdeckung der eigenen Sexualität ein wichtiger Prozess der Identitätsfindung und wahrscheinlich ist er für viele Menschen ein interessanter Prozess im ganzen eigenen Leben. Sexuelle Selbstbestimmung eines jeden Menschen gehört zu der Entwicklung der menschlichen Natur und hat viele Variationen. Leider wird diese Vielfalt zu sehr von Medien und allgemeinen Vorstellung eingeschränkt, gelenkt und dominiert. Weltweit vermarkten wir Sexualität mit einem sehr eintönigen und doch eher ständig wiederkehrenden Bild. Jede einzelne Gesellschaft und damit sind auch Gruppen in einer Gesellschaft gemeint fügt dann ihre Variationen hinzu. Dabei sollte jedoch ein Fakt niemals aus dem Fokus rücken. Sexualität hat immer ein private, intime und emotionale Seite, nämlich dann wenn sie zum Realakt eines Individuums wird. 




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen