Sonntag, 28. August 2016

Auf der Suche nach einer Wohnung...

Kamerun, oh Kamerun...

Ich bin einmal mehr auf Wohnungssuche gewesen. Bald beginnt die Arbeit und ich werde das schöne und nasse Buea für das warme und wuselige Yaounde verlassen müssen. Dieses Mal hatte ich mir vorgenommen, eine Wohnung auf eigene Faust zu suchen und all meine Bedingungen – die ich an ein schönes Wohnen stelle, zu erfüllen. Ich war sicher, dass mit genügend Zeit und den richtigen Beziehungen alles seinen Gang gehen wird. Einmal mehr habe ich sehr viele Erfahrungen gesammelt, bin ein bisschen tiefer in kamerunische Verhaltensweisen vorgedrungen und war zeitweise richtig frustriert.
Alles begann damit, dass mir alle Freunde und Bekannten versprachen, wir werden schon was finden. Ich frag mal nach... und darauf hatte ich auch gehofft, denn neben Geld sind Beziehungen die größte Kraft, „die Böses will und Gutes schafft“ oder umgedreht. Zuerst entschied ich mich dafür, mit einer Freundin durch die Straßen der Viertel zu laufen, die mir gefielen und die ich bevorzugte. Ziel war es, nahe an der Arbeit zu sein, aber ruhig zu wohnen, so sicher wie möglich für eine Weiße zu wohnen, aber nicht direkt an der Straße zu sein. Das war schon schwer. Wir fanden einige Angebote auf kleinen Pappschildern ausgeschrieben und riefen die Nummern an oder fragten direkt Wächter von Häusern, ob in der Nähe was frei ist. Von möblierten 3-Zimmer-Wohnungen für schlappe 2000 Euro pro Monat bis hin zu 250 Euro Appartements mit extremen Schimmelproblemen an der Wand war alles möglich. Nachdem ich meine ersten zwei Optionen besichtigt hatte, lauerten bereits selbsternannte Agenten auf mich, die genug Wohnungen kannten, um mich glücklich zu machen. So versprachen sie mir zumindest die schönsten Möglichkeiten.
Ich folgte meinem ersten „Agenten“ der sonst Taxifahrer war und versuchte ihm, nachdem ich mehrere Wohnungen besichtigt hatte, klar zu machen, was ich wollte. Zwei Zimmer, maximal 200000XFA, Sicherheit, einen direkten Draußenanschluss (Balkon, Terrasse oder Hof), nicht zu dunkel. Nach drei weiteren Appartements hatte er eine vage Vorstellung und wir näherten uns an. Tag eins ging zu ende.
Am nächsten Tag wurde ich bereits per Telefon mehrfach darum gebeten, doch einen kleinen Vorschuss für sein Engagement zu zahlen und auch, um die Wohnung zu reservieren. Er würde dann einfach den Schlüssel behalten.
Eine Freundin schlug mir eine seriöse Agentur vor, deren Besitzer sie kannte und die deshalb nicht so teuer sein würde. Ok, warum nicht versuchen. Wir sahen viele Wohnungen, ich stellte fest, dass es tatsächlich schwer war, klar zu machen, was ich wollte. Wir sahen eine der dunkelsten Wohnungen mit Minibalkon direkt auf die Hauptstraße führend, keinerlei Spielmöglichkeiten für Kinder... Auch hier wurde mir Engagement bis zur endgültigen Befriedigung versprochen. ;) Das nahm ich ernst. Am Ende hatte ich ein Appartement, dass mich zufrieden stellen würde und recht niedlich war. Der Agent versprach es mir für meine Preisvorstellungen und wir verabredeten uns mit dem Vermieter zur Vollendung des Abkommens... Doch der kam nie, denn für ihn war der Preis ganz und gar nicht in Ordnung. Er stellte uns mehrere Bedingungen und ich musste für die erste Runde einsehen, dass ich diesen nicht nach kommen konnte. Meine zweite Wahl wurde mir ausgeredet aus Sicherheitsgründen... Ich reiste ab.
Zwei Wochen später gab es neue Optionen, ich fuhr wieder nach Yaounde um ein Appartement, dass mir wie das Paradies angekündigt wurde zu besichtigen, fast naiverweise selbst davon überzeugt, dass ich es nehmen würde. Sobald mich der Vermieter sah, stieg der Preis um mindestens 150 Euro und sank dann auf die Hälft, was für mich immer noch zu teuer war. Außerdem hatte ich bis dato das sogenannte „Paradies“ noch nicht einmal gesehen. Mein Taxifahreragent hatte neue Ideen, denn er erhoffte sich natürliche eine üppige Gage von mir sein Engagement. Also fuhren wir wieder von einer Wohnung zur nächsten, keine war so recht, was ich wollte. Eine war mehr als ich hätte haben können, aber auch die versprach er mir. Denn er vollführte charmante unter vier Augen Gespräche mit der Vermieterin und überzeugte sie von etwas, dass mir am nächsten Tag schon wieder aberkannte, als sie sich der Situation besann. Ein anderes Appartement, dass ich aus Verzweiflung schlussendlich haben wollte, war plötzlich weg und ich begann wieder von null. Die nächste Person – auch ein selbsternannter Agent, den man auf der Straße wohl nie dafür gehalten hätte, brachte mich wieder zu dem ersten Haus mit den extremen Schimmelproblemen. Nach zwei Wochen konnte ich nur feststellen, der Schimmel hatte sich extrem auf das ganze Appartement ausgebreitet. Man versprach mir alles zu beheben... ich müsste nur die ersten Mieten vorschießen, dann wäre alles fertig, sobald ich einziehen will. Natürlich!!!

Und nach einem Monat sagt der Schimmel wieder „Hallo!“. Der neue Agent fragte mich, ob ich ihn dennoch zahlen würde, wenn ich das Appartement nehmen würde, denn ich hatte es ja schon gesehen. Und plötzlich wollte auch die Person, die uns die Tür aufschloss, wahrscheinlich für die großen Mühen des Schlüsselstragens, auch seinen Anteil haben. Denn er hätte mir das Objekt ja das erste Mal gezeigt. Ich war frustriert und demotiviert, dass bereits über die Preise der sogenannten Agenten diskutiert wurde, anstatt Bemühungen zu zeigen, mir eine Bleibe zu suchen. Plötzlich kam den Wächter des Hauses, indem ich gerade wohnte, eine Idee. Er erinnerte sich an eine Frau, die ein kleines Appartement nahe der Präsidentenstraße hatte und Mieter suchte. Wir fuhren zu dem besagten Objekt und es war umwerfend. Mir wurde schlagartig klar, warum alle anderen Optionen fehlliefen. Dieses Appartement entsprach all meinen Vorstellungen, hatte super nette Vermieter und war ganz ohne Agent auf mich zugekommen. Noch am gleichen Tag und am folgenden versuchte ich es an mich zu reißen, was mir auch gelang. 

Voila, der Blick von meinem Balkon, mitten in der Stadt.

Leider waren alle Agenten unheimlich frustriert, denn dieses Objekt hatte mir keiner von ihnen gezeigt. Und schlussendlich gingen sie leer aus. Aber mit all ihren Versprechungen und Verhandlungen die schlussendlich fehlschlugen, war ich auch nicht wirklich zufrieden. Schlussendlich muss ich sagen, dass es mir so erschien, als ob Agenten Häuser von Leuten kannten, mit denen sie Beziehungen hatten, meist aus dem eigenen Stamm kommend. Häuser zu denen sie keine Beziehungen hatten, konnten direkt neben den Objekten, die sie zeigten leerstehen, ohne dass sie es wussten. Dafür wartete vor diesem Haus bereits ein anderer Agent, um sein Sümmchen zu kassieren. Zum Teil wurde ein kleiner Betrag nur für die Besichtigung der Wohnung verlangt. Meist berufen sich die Preise der Agenten auf 10 Prozent der Jahresmiete. Auch muss man einkalkulieren, dass man in Yaounde etwa 6 Monatsmieten bis zu einem Jahr vorschießen muss, möglicherweise eine Kaution von zwei Monatsmieten zahlen sollte. Der Bedarf an Wohnungen ist groß, deshalb sind die Preise und Forderungen der Vermieter teilweise verrückt und übertrieben. Nur dass das Gesetz hier mehr den Vermieter stützt, als den Mieter schützt.


Donnerstag, 9. Juni 2016

Anpassung?!

Dieser Post ist für meine Schüler und Schülerinnen, die mittlerweile in Deutschland sind und fleißig studieren, die deutsche Kultur kennen lernen und leben, die mich stets gefragt haben, ob man auch kamerunisches Essen in Deutschland findet und gezweifelt haben, ob sie Nahrungstechnisch überleben werden...

Neulich irgendwo in einer Stadt in Deutschland:
An der Endhaltestelle einer Straßenbahnlinie rennt ein Schwarzafrikaner ganz hektisch an mir vorbei. Er schaut beim Rennen auf die Uhr. Im gleichen Moment hört man, dass die Straßenbahn losfährt und ohne Rücksicht auf den unbekannten Mitfahrer, nach Wecker, einfach davonfährt. Der junge Mann verfällt in einen langsameren Gang und flucht in seiner Muttersprache. Ohne die genauen Worte zu verstehen, erkennt man an Mimik, Aussprache und Geste, dass er flucht. Er hat seine Straßenbahn verpasst, für die er extra 10 Minuten gerannt ist - so weit ist die Ausbildungsschule entfernt.

Für mich ist dies ein kurzer Moment der Verwunderung, da ich von Menschen aus den südlicheren Regionen eher gewohnt bin, dass sie entspannter als ich mit solchen Ereignissen umgehen. Aber offensichtlich ist er schon voll drin im deutschen Stress. Die nächste Bahn fährt in 10 Minuten, also keine Wartedauer verglichen mit manch anderen Transportmitteln. Meine Schüler und Schülerinnen haben am Anfang den Sinn von Fahrplänen des öffentlichen Nahverkehrs versucht zu ergründen. "Wozu gibt es die, wenn S-Bahnen aller 5 bis 10 Minuten fahren?" Ich musste schmunzeln.

Manchmal frage ich mich, welche Dinge wohl meine Schüler und Schülerinnen jetzt schon tun, die so "voll deutsch" sind und über die man in Kamerun vielleicht lachen würde. Grüße an euch!

Samstag, 14. Mai 2016

Eco Casa Edéa

Im Waisenheim.
La Mama.
















Auf dem Weg von Edéa nach Douala gibt es ein kleines Waisenheim. Es gehört zu Edéa und beherbergt etwa 25 Kinder. Über eine lange staubige Straße, hinter der staatlichen Schule sind ca. drei bis vier Apartments für diese Kinder eingerichtet. "La Mama", eine Frau vielleicht sechzig Jahre alt betreut all diese Kinder und sagt, sie sei von früh bis spät nur am Kochen.

Die Wandfüllung: Lehm und Stroh.
Ich kann den Zustand des Waisenheims nicht beurteilen, denn es war das erste, was ich besucht habe, aber die Kinder und auch die Umgebung hinterließen einen für die Umstände guten Eindruck. Dieses Waisenheim mag auf den ersten Blick nichts besonderes an sich haben. Jedoch steht hinter diesem Heim ein wunderbares Projekt. Für die Kinder wird mit dem Entwurf Eco Casa ein neues Zuhause gebaut. Fährt man auf der Straße von Edéa nach Douala weiter und nimmt kurz hinter der Mautstelle den nächsten Weg links, gelangt man in den Regenwald, wo es verschiedene Farmen und Felder gibt. Nach unzähligen Pfützen, Kurven und Plantagen kommt man an eine Stelle die gerodet wurde, jedoch aus ökologischen Gründen nicht mit Brandrodung.
Recycling Haus: Alte Reifen dienen als Wärmedämmung,
alte Pet-Flaschen sollen die Lichtspender werden.
Ein Herdsystem mit drei Kochplatten. 
Mittagstisch mitten im Wald. :)

Auf der freien Fläche werden momentan vier Häuser konstruiert, diese werden aus Reifen mit Erde, Pet-Flaschen und Stroh mit Erde vermischt erbaut. Die Häuser sind in all ihrer Materialstruktur durchdacht. Der Unterteil soll eine kühle Temperatur in den heißen Tagen wahren. Die Pet-Flaschen dienen als Lichtspender und sind billiges Baumaterial, denn es gibt sie im Überfluss, die restliche Wandfüllung ist nach traditioneller Bauweise gebaut und hält sowohl Regen als auch Hitze stand. Das Dach ist leicht geöffnet und hat ein natürliches Belüftungssystem integriert. Hinzu kommt, dass die neue Anlage selbstversorgend funktionieren soll und gleichzeitig an die Bedingungen des hiesigen Klimas angeglichen werden sollen. Ein Wasserauffangsystem wird zum einen den Wasserbedarf des neuen Waisenheims decken, zum anderen aber auch besonders in der Regenzeit Wasser aufgefangen und langsam in die Felder dringen, sodass sie ganzjährig bewässert werden.
Das Belüftungssystem.
Zury ist Volunteer und kommt aus Neuseeland.
Momentan arbeiten 27 Volunteers an der Realisierung und Umsetzung. Rohan Guyot-Sutherland ist der Koordinator und verbindet einheimisches Wissen mit eigenen Ideen für ökologische Selbstverantwortung. Wer mehr wissen möchte oder das Projekt als Volunteer, als Spender oder auf sonstige Weise unterstützen will, schaut selbst unter Eco Casa.

Wir mit dem Koordinator Rohan.






Donnerstag, 24. März 2016

Gefühl zu Brüssel...

Es gibt nicht viel zu sagen, aber sehr viel zu fühlen... 

Der Brüssler Flughafen war ein Ort, an dem ich häufig zwischengelandet bin, wenn ich von Kamerun nach Deutschland oder umgekehrt unterwegs war. Ich hatte dort immer das Gefühl, zwischen den Welten einen Ort zu haben, der beide verbindet. 

... weil es so viele Menschen gab, 
...weil man auf einem Flughafen Menschen aus allen Ländern trifft, 
...weil die Stadt international ist und ein Zentrum für Europa, 
... weil ...

In Kamerun gibt es Selbstmordanschläge der Boko Haram Gruppen im Extremen Norden. In Europa gibt es Anschläge durch den IS verübt. (Ich zitiere hier die gängige Meinung. Beide Gruppen sind nur unzureichend definierbar, um sie wirklich mit einem Begriff zu bezeichnen.)  Es ist traurig, dass nun auch diese extreme und nicht tolerierbare Art der Gewalt beide Länder verbindet. 

Es schnürrt einem den Hals zu, es dreht einem den Magen um, aber es macht mich nicht ängstlich, nur unendlich traurig, dass Selbstmordanschläge ein Ausdruck von Hass, Gewalt, Hilflosigkeit und Wut unseres 21. Jahrhunderts geworden sind. 

Samstag, 19. März 2016

Was an Kamerun einfach toll ist...

https://syg3.files.wordpress.com/2010/04/zeit1.jpg
Einige meiner Leserinnen und Leser werden bemerkt haben, dass viele meiner Posts häufig auch immer ein wenig Kritik enthalten...

Ursprünglich wollte ich auf diesem Blog einfach über die verschiedenen Facetten Kameruns schreiben und desto länger ich hier war / bin, desto häufiger setzt man sich mit den kleinen Problemen oder auch den größeren in der Gesellschaft und dem hiesigen Leben auseinander. Es war nie mein Ziel, Kamerun ausschließlich zu kritisieren und es war nie mein Ziel einen kitschigen Entwurf eines der Länder "irgendwo in Afrika" zu liefen. Es ist nun einmal nichts schwarz oder weiß.

Was ich dennoch an Kamerun einfach toll finde, wenn man aus Deutschland hierher fährt - und dieses Erlebnis habe ich jedes mal - dann ändert sich die Zeit. Die Uhren gehen langsamer und doch zählen sie 24 Stunden pro Tag. Die Zeit rennt nicht und auch die Menschen tun dies auch nicht. Meist brauche ich mindestens eine Woche, um mich daran wieder zu gewöhnen... aber dann kann man es genießen.

Es ist nicht schlimm in Kamerun einen ganzen Tag einfach mal zu schlafen (damit meine ich wirklich einen ganzen Tag), wenn man müde ist und vor allem wenn man vorher viel gearbeitet hat. (Es gibt weder einen Rechtfertigungsdrang, noch irgend eine Person, die diese Rechtfertigung hören will - warum man jetzt so viel schläft.)

Man kann einfach eine Stunde lang mit jemandem reden, ohne das Gefühl zu haben, dass er ständig auf die Uhr schaut, eigentlich gar nicht zu hört, weil er schon los muss oder gar mitten im Gespräch abhaut. Wenn man sich doch aus einer spannenden oder weniger spannenden Diskussion lösen möchte, dann sagt man einfach, man muss jetzt los oder noch etwas tun. Das reicht völlig aus. (Häufig erzählen dir Menschen in Deutschland ihren gesamten Tagesablauf, damit man auch ja versteht, dass wirklich noch etwas ansteht.)

Viele Leute haben Zeit für ein kurzes "Hallo und wie geht's?", ob du sie auf Arbeit triffst, beim Einkaufen oder auf der Straße.

Einfach mal die Seele baumeln lassen, kann man an vielen Orten, denn es gibt einfach nicht den Stress und die Hektik, die man doch häufig in Deutschland - besonders beim Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel oder auch an langen Schlangen in Supermärkten - spüren kann.

Selbst in Staus oder kaputten Transportmitteln scheint trotz angespannter Situation eine gewisse Erhabenheit zu überwiegen, denn man kann die Situation ja eh nicht ändern. Vergleichsweise denke ich da an ausrastende Passagiere, die meist beginnen das Personal von Bussen zu beleidigen.

Leider muss ich auch feststellen, dass in Großstädten und unter dem hart schuftenden Volk ein gewisser Stress Einzug hält und auch hier die Uhren beschleunigt hat. Dennoch scheinen auch die viel gestressten Menschen eine größere Zufriedenheit in sich zu tragen und in den Momenten der Ruhe, wirklich auch anhalten zu können.

:) Das finde ich toll.


Sonntag, 28. Februar 2016

Danke!

Meine lieben LeserInnen, Followers und Mitdenkenden,

heute haben genau 5000 Leute dieses Blog geöffnet, vielleicht gelesen und einige davon haben ihre Ideen zu meinen Gedanken hinzugefügt. :)

Vielen Dank für eure Unterstützung. Auf Facebook kann man maximal 5000 Freunden annehmen, aber wir können die 5000 locker überschreiten.

Ein paar Extrafotos für euch:

Papaya mit perfektem sternförmigen Gehäuse... Ein kleines Wunder der Natur.
© c.d.

Ein kleines Meer von Schildern, die jedoch ihre eigentlichen Funktion nicht erfüllen.
© c.d.

Taxis in Kamerun ... nicht dass dieser Gedanke auch nur einem Taxifahrer in den Sinn käme,
aber zumindest das Auto kommt aus Deutschland. ;) © c.d.

© c.d.

Donnerstag, 25. Februar 2016

Soziales Netzwerk à la camerounaise

Momentan lebe ich in einer rein kamerunischen Community. Das klingt vielleicht komisch, denn man denkt ja nicht wirklich, dass ich in Kamerun in einer nicht-kamerunischen Community lebe, aber was ich damit meine, ich habe in meinem sozialen Umfeld keinen einzigen Europäer, mit dem man sich dann doch mal in Codes einfach über eine Sache austauschen kann oder bei einigen Dingen, die hier eben ganz anders laufen, mit einem Blick oder Wort versteht. Da man aus einem ähnlichen Umfeld kommt, ist das tatsächlich ein spürbarer und manchmal riesiger Unterschied, ob man eben ganz in einem kamerunischen Umfeld lebt oder doch auch ein paar Landsmänner- und frauen um sich hat.

Natürlich ermöglicht mir das einen ganz anderen Einblick und es ist manchmal auch eine große Herausforderung. Ein Beispiel ist das soziale Netzwerk hier...

Grob kann man das so zusammenfassen: "Wer Materielles (Geld, Lebensmittel o. a. wertvolle Dinge) hat, der gibt und erhält dafür Dienstleistung. Aber auch ohne Dienstleistung sollte, wer Materielles hat auf jeden Fall etwas springen lassen."

Zum Beispiel kommt ein befreundeter Taxifahrer gern in unser Haus. Er hilft uns manchmal, wenn das Wasser alle ist und fährt dann mit den ganzen Kanistern mit uns Wasser holen. Er fährt auch Freunde von uns rum, aber dafür wird er auch bezahlt. Er kommt gern in unser Haus, nicht weil er mit uns so gern spricht oder sonstiges macht, sondern er kommt, wenn er Hunger hat oder Durst. Dann geht er direkt in die Küche und brät sich Eier oder nimmt, was es gibt mit auf den Weg. - Für mich ein absolutes No-Go. Aber man weiß ja nie, wann man diesen Kontakt noch einmal braucht.
(So glaube ich, dass das kamerunische Verständnis ist.)

Es ist hier auch üblich, Familienmitglieder oder nahe Verwandte zu sich zu nehmen, wenn man dafür die Mittel hat. Man bezahlt ihnen möglicherweise die Ausbildung und sorgt für ihr körperliches Wohlbefinden, dafür helfen sie im Haus, wo sie können. Besonders wenn man selbst Kinder hat, ist es natürlich ein super Austausch, wenn noch jemand im Haus lebt, der beim Haushalt hilft. In diesem Sinne wünsche ich mir häufiger eine "kamerunische Schwester" mit der man Aufgaben teilen kann.

Was sich auch absolut konträr zum deutschen Verständnis verhält, ist das Empfangen von Gästen. Es ist hier durchaus normal, dass wenn man jemandem einen Schlafplatz anbietet oder wenn Leute zu besuch kommen, dass sie am Morgen - bevor ich aufgestanden bin - die Wohnung gewischt haben oder den Abwascht erledigt haben. Wie kleine Heinzelmännchen. Am Anfang habe ich mich immer schlecht gefühlt, denn es sind ja meine Gäste und bei uns sind Gäste doch Könige. Aber mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt und finde es wirklich toll. :)

Dann gibt es auch noch eine weitere Kategorie, die sich ähnlich wie der Taxifahrer verhält... Leute, die irgendwie immer da sind, aber stets den richtigen Moment abpassen um zu gehen oder nicht erreichbar zu sein - nämlich wenn man Hilfe braucht. Sie kennen jedoch auch den richtigen Moment zu Stelle zur sein, wenn das Essen gerade gekocht ist oder die Arbeit getan ist. Diese Kategorie gibt es auch in Deutschland... ohne Frage wahrscheinlich über all. Dennoch mit dem Blick darauf, wie es hier so läuft, die nervigste.

Allgemein kann man sagen, ohne soziales Netzwerk, was durch den Staat gefördert wird, ist man auf sich selbst angewiesen und auf die Leute, die um einen herum sind. Man unterstützt sich, man hilft sich - auch wenn es nicht immer ausgeglichen ist. Aber wenn man die sozialen Hintergründe mancher Leute kennt, dann ist es auch eine Frage des Charakters, Unterstützung zu leisten.