Er hat mir erklärt, dass die Schuhe genäht würden, damit der Leim bei Regen und Staub trotzdem eine Chance hat zu halten. Seine geschickten Handgriffe zwängen den Faden durch die Schuhsohle, die er erst anritzte, und verbargen ihn sogar wieder unter ihr. Damit der Faden nicht zu sehen war und sich abtrat. Seine Finger schienen zäh und von seiner ledrigen Haut umgeben,
Ganz stolz erzählte er mir jetzt, welche Richtungen die Kinder an der Universität studierten und wie gut sie ihre Prüfungen absolvierten. Unvorstellbar von solch einem kleinen Gehalt, das Marcel wohl jeden Tag nach Hause brachte. Aber vielleicht hatte Marcel noch weitere Verdienste oder andere Stützen in der Familie. Er hätte seinen Kindern auch versprochen, erst wieder eine Frau zu heiraten, wenn er seine Lebensfreude wieder gefunden hätte. Er schaute wieder auf von seiner Arbeit, mit dem zweiten Schuh fast fertig, heute sei er besonders erfreut mit mir über seine Geschichte zu reden. Und wieder huschte dieses kleine schelmische Lächeln über sein Gesicht. Als ich ihn bat, ein Foto von ihm und seiner Arbeit machen zu können, versuchte er zu verhandeln, wie er dann ein Foto von mir bekommen könne, wenn ich mich an ihn erinnern könnte, er aber nicht. Kleine Meerjungfrau nannte er mich und überreichte mir meine Schuhe. Innerhalb von einer dreiviertel Stunde hatte er beide Schuhe repariert und ich konnte sie wieder anziehen. Dieses Mal waren sie um eine Geschichte reicher. Ich zahlte Marcel den doppelten Preis, damit er seine Kinder finanzieren könne. Als ich zurück zu meinem Bus ging, um zu schauen, ob wir bald fahren würden und Marcel dann nochmals grüßen wollte, waren sein kleiner Tisch, die Bank und all seine Utensilien schon längst verschwunden. Als ob er nie dagewesen wäre. Morgen würde er wieder dasitzen und ich fragte mich, ob seine Geschichte wahr war, ob er wahr war - denn die Mittagshitze hatte mir doch stark die Sinne vernebelt. Aber meine Schuhe waren repariert.
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